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Seezunge
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Rhabarber, Rhabarber...
(für Rubrik Seezunge im akzent 5/2001)

Rhabarber-Erdbeer-Marmelade! Wir kennen und schätzen alle die klassische Kombination aus Großmutters oder Mutters Marmelade-Küche. Oder ein schöner versunkener Obstkuchen mit Rhabarber, oder ein saftiger Rhabarberkompott. Obwohl der Rhabarber erst seit einem Jahrhundert in Mitteleuropa verbreitet ist, gehören diese Zubereitungsarten zum Standard deutscher Küchen.
Aber was für ein Gewächs ist Rhabarber eigentlich? Botanisch gehört es zu den Knöterichgewächsen und ist damit auch mit so verschiedenartigen Pflanzen wie Buchweizen und Sauerampfer verwandt. Warum soll man ihn nicht auch als Gemüse verwenden?

Auch die Geschichte seiner Einführung zeigt, wie wenig der Rhabarber mit den Obstsorten zu tun hat, die man sonst für Kuchen und Kompotte verwendet. Das „Appetit-Lexikon“ von Robert Habs und Leopold Rosner von 1894 weiß zu berichten, dass der Rhabarber 1760 zum ersten Mal auf dem Londoner Gemüsemarkt auftauchte und die belgischen Gemüsegärtner den Rhabarberanbau im Jahre 1826 aufnahmen. Mitte des 19. Jahrhunderts fing schließlich bei Hamburg ein Gärtner an, Rhabarber anzupflanzen und weiterzuzüchten.
Ein reines Rhabarbergemüse wäre schon etwas streng, man muss geschmacklich also massiv dagegensteuern – oder es irgendwo diskret unterbringen. Experimentierfreudige Hobbyköche versuchen es gelegentlich. Eine relativ unkomplizierte Möglichkeit ist, zum Beispiel in der letzten Rhabarberzeit dem ersten Ratatouille (die Wachstumszeiten der Zutaten überschneiden sich nur knapp ...) eine besondere Geschmacksnote zu geben. Einfach in mäßiger Dosierung Rhabarberstücke mitkochen, bis sie kaum mehr zu erkennen sind – und dann die Mit-Esser fragen, was noch drin ist außer dem üblichen Zucchini-Auberginen-Paprika-Tomaten. Selbst schon ausprobiert: Es kommt niemand drauf.

Bei unseren Nachforschungen in den klassischen Kochbüchern war die Ausbeute mager: Rhabarberkuchen ohne Ende, aber kein Rhabarbergemüse. In Zeitungen liest man neuerdings gelegentlich Rezepte mit „nicht-süßen“ Verwendungen, etwa mit Fisch oder Geflügel.
In der Schweiz haben wir schließlich sogar ein kleines Rhabarber-Kochbuch gefunden: Die Zeitschrift „Saison-Küche“ der Migros hat letztes Jahr das Rezeptbuch „50 x Rhabarber“ herausgebracht. Darin ist eine Auswahl aus hunderten von Rhabarber-Rezepten, die ihr von den kochenden Leserinnen und Lesern geschickt worden sind. Das letzte der fünf Kapitel heißt „Rhabarber, pikant“ und besteht aus fünf Rezepten, immerhin 10 Prozent!

Daraus stellen wir ein für die – in vielem schon nach Italien orientierte – Schweiz typisches Rezept vor, das sich gut als Beilage zu diversen Fleischgerichten (?) eignet:

Rassiger Rhabarber-Risotto
Zutaten:
1 kleine Zwiebel
2-3 Stangen Rhabarber
50 g Butter
250 g Risotto-Reis (Vialone oder Arborio)
1 l kochendes Wasser (oder klare Brühe)
Salz, Pfeffer
30 g Parmesan
Zubereitung:
Zwiebel fein hacken, Rhabarber schälen und kleinschneiden, in warmer Butter 2 min dünsten, Rhabarber dazugeben und weitere 2 min dämpfen.
Reis hineinrühren und glasig werden lassen.
Das heiße Wasser nach und nach dazugießen und dabei ständig rühren, bis der Reis nach etwa 20 min „al dente“ ist.
Mit Salz und Pfeffer abschmecken und den Parmesan unterrühren.
(Nach dem Rezept von Anita Nyffeler aus Langenthal)

Außerdem enthält das Buch noch Rezepte für einen Eiersalat mit Rhabarber-Vinaigrette, Lachs mit Rhabarber in Blätterteig, Fischfiletzöpfchen mit Rhabarbersauce und ein Pikantes Rhabarber-Chutney.
Das Rezeptbuch „50 x Rhabarber“ kostet 7,50 SFr + Porto,
Bestellung über den Verlag Saison-Küche,
CH-8031 Zürich: Fax 0041/56 417 53 37,
E-mail: saisonkueche@limmatdruck.ch,
Internet: www.saison.ch

 

Rhabarber wächst in der ganzen Bodensee-Region, in Schreber- und Bauerngärten und auf kleinen Feldern. Um herauszufinden, auf was für Rhabarber-Gemüse-Ideen die Köche der Region kommen, haben wir da recherchiert, wo das beste Gemüse wächst: auf der Insel Reichenau und auf der Höri. Von den Köchen, die wir gefragt haben, war Hubert Neidhart in Moos der aufgeschlossenste.
Der Koch vom „Grünen Baum“ hat sich voll in die Aufgabe hineingestürzt, hat alte Kochbücher gewälzt – und neben vielen süßen Verwendungsarten nur eine englische Rhabarbersuppe gefunden, im Internet gesurft – und dort tausende von Rezepten für Rhabarber-Chutneys ... Aber nach seinem Anspruch, regionale und saisonfrische Zutaten zu verwenden, scheiden die exotischen Rezepte schon aus. Und weil er mit seinem Restaurant für Bodensee-Fisch berühmt ist, entschied er sich für einen Süßwasserfisch mit Rhabarbergemüse. Von der Saison und von der Form her passen Frühlingszwiebeln am besten zum Rhabarber, sie nehmen ihm durch ihren leicht süßlichen Geschmack auch etwas die Schärfe. Bei den weiteren Zutaten wurde noch länger herumexperimentiert und verschiedene Varianten ausprobiert, bis das Gericht schließlich feststand. Mit dem Sesamöl und dem Soja bekam der Rhabarber noch einen „asiatischen Touch“, sozusagen als Erinnerung an seine chinesische Heimat.
Beim ersten Test durch die akzent-Mitarbeiter entschied Neidhart, dass das Mengenverhältnis von Rhabarber zu Frühlingszwiebeln durchaus noch zugunsten des Ersteren verändert werden könnte. Mit der einhelligen Zustimmung von Autor und Fotograf nimmt Neidhart die neue Kreation jetzt auf seine Speisekarte und rechnet damit, dass es der „Frühlingshit“ wird.

Lachsforellenfilet im Sesammantel mit Rhabarbergemüse

Zutaten:
500 g Rhabarberstiele
300 g Frühlingszwiebeln
1,2 dl helle Sojasauce
4 Lachsforellenfilets à 150 g
80 g Sesamkörner
Salz, Pfeffer, Mehl, Sesamöl

Zubereitung:
Rhabarberstiele und Frühlingszwiebeln in 2 cm lange Stücke schneiden, die Sojasauce in einem Topf um die Hälfte reduzieren.
Die Zwiebeln in heißem Sesamöl glasig dünsten, Rhabarber dazugeben, bei schwacher Hitze kurz weiterdünsten, mit Salz und etwas Cayennepfeffer abschmecken. Das Gemüse mit der reduzierten Sojasauce ablöschen und nochmal kurz aufkochen lassen.
4 Lachsforellenfilets salzen und pfeffern, in dem mit Mehl vermischten Sesamkörnern wenden und in einer heißen Pfanne mit Sesamöl braten.
Die gebratenen Fischfilets auf dem Rhabarbergemüse anrichten, dazu Reis – oder einheimischen Emmer – servieren.


Informationen rund um den Rhabarber:
Rhabarber wächst im Garten wie Unkraut, aber enthält mehr Vitamine und Mineralstoffe als viele teure Früchte: Vitamine C, B, E und K, Kalium, Kalzium, Eisen und Phosphor. Früher lieferte er die erste vitaminreiche Frischkost im Frühjahr.
Rhabarber enthält neben Zitronen- und Apfelsäure auch die Oxalsäure, die das stumpfe Gefühl auf den Zähnen verursacht. Diese Wirkung wird abgeschwächt, wenn man gleichzeitig kalziumreiche Lebensmittel (z.B. Milch, Yoghurt oder Vollkornbrot) konsumiert.
Die Stiele bestehen zu 95 Prozent aus Wasser und sind sehr kalorienarm, aber wenn man versucht, die Säure durch Zucker zu kompensieren, hat man die Kalorien doch auf dem Teller.
Roh ist Rhabarber wegen der Säure nur in geringen Mengen zu genießen, erst durch das Kochen reduziert sich der Säuregehalt um die Hälfte.
Der 21. Juni (Sommeranfang) gilt in Deutschland als letzter Erntetag für Rhabarber, weil danach der Oxalsäuregehalt stark steigt. Das Datum ist aber eher symbolisch zu verstehen, weil es natürlich auch von den tatsächlichen Wachstumsperioden und klimatischen Verhältnissen abhängt. So heißt es denn auch in der Schweiz, man soll nach dem Johannistag (24. Juni) keinen Rhabarber mehr schneiden.

 

 

 

 

Dr. Patrick Brauns, Klingenbergstraße 6, D-78467 Konstanz/Tel./Fax 07531/189 219, Mobil 0170 38 201 36