Architektur / Seeraum

Architektur Bottighofen
Pädagogische Hochschule Thurgau (Detail), Kreuzlingen

Seit Frühjahr 2003 schreibe ich unter der Rubrik „Seeraum“ der Monatszeitschrift „akzent“ über Themen der Architektur und darüber hinaus seit 2005 auch für den Kulturteil des SÜDKURIER (Auszüge siehe unten).

Bodensee Architektur
Bottighofen, Thurgau

akzent

seit Mai 2003 in der Rubrik "Seeraum" jeden Monat ein Thema aus der Architektur-Landschaft am Bodensee: Bäder, Stadthallen, Museumsbauten, Solararchitektur, ...
(vollständige Themenliste und einzelne Artikel auf Anfrage)

In der Jubiläumsausgabe im Mai 2013 wurden Inhalt und Zweck der Rubrik so erklärt:
„Zehn Jahre lang eine monatliche Architektur-Rubrik – das waren nicht 120, aber doch über hundert Themen. In manchen Monaten musste die Seite aus jahreszeitlichen Gründen ausfallen, und manche Themen waren für die Region so wichtig, dass sie sich fast jährlich wiederholt haben: die Strandbäder (z.B. Allensbach) und die See-Restaurants als typische Bauaufgaben am See, die Passiv- und Minergie-Häuser, weil eine energiesparende Bauweise inzwischen zu einer überlebenswichtigen Aufgabe geworden ist, und die Brücken, weil sie eine Vorliebe des Autors sind.
Das wichtigste Kriterium für die Auswahl der Themen war und ist: öffentliche oder zumindest öffentlich zugängliche Gebäude – wenn ein Gebäude von den Bildern (und Texten) her so interessant ist, dass die Leser neugierig werden, es auch anzuschauen, sollen sie auch die Möglichkeit dazu haben. Eine Villa, die man nur über die Mauer hinweg oder durch die Hecke sehen kann, ist für die Leser nicht attraktiv. Das öffentlichste Gebäude schlechthin ist in jeder Stadt oder Gemeinde die Stadt- oder Mehrzweckhalle, denn hier treffen sich die Bürgerinnen und Bürger zu wichtigen Versammlungen und Veranstaltungen. Deshalb waren diese Bauten hier immer wieder ein Thema, wobei es ebenso um politische wie um architektonische Fragen ging, wie im Fall des Konstanzer Kongresszentrum-Projekts. Öffentliche Gebäude mit einem besonderen Charakter sind Kirchen, da es bei ihrer Gestaltung neben der Funktion vor allem auf die Symbolik ankommt: Sie sollen einerseits in der Erde verwurzelt sein und andererseits zum Himmel streben, wie es besonders schön eine Kirche zeigt, die schon weit außerhalb der Bodensee-Region ist (im Schweizer Jura).“

Kirche  Saint-Jean in La-Chaux-de-FondsTemple Saint-Jean, La Chaux-de-Fonds

SÜDKURIER

Architektur-Serie im Südkurier:
Auch das 20. Jahrhundert hat in Konstanz baulich seine Spuren hinterlassen - gerade außerhalb der historischen Altstadt. Einige besonders bedeutsame Bauten stellt der ausgewiesene Architekturkenner und Autor Dr. Patrick Brauns in einer kleinen SÜDKURIER-Serie vor. Sie erscheinen in loser Folge. Alle Beiträge auf www.suedkurier.de zum Nachlesen gesammelt. (sk)

Hier jeweils die Anfänge der Artikel - die vollständigen Texte auf Anfrage bei mir.

Architektur Konstanz Rheinstrandbad

Schlicht und gut (Kur- und Hallenbad mit Rheinstrandbad), 13.6.2007
Das Hallenbad am Rhein war zuletzt vor allem wegen der Preispolitik der städtischen Bäder im Gespräch. Ein Blick auf den Bau selbst zeigt ein Kapitel Konstanzer Architektur- und Sozialgeschichte. Wer vom Rheinsteig übers Wasser schaut, sieht auf einen Blick ein halbes Jahrhundert Konstanzer Architekturgeschichte: rechts das Gebäude des Ruderclubs Neptun (1955), in der Mitte das ehemalige Offizierscasino (um 1900) und links das Kur- und Hallenbad von 1937. ...

Mehr als eine schräge Rampe (Mariahilfkirche), 5.7.2007
Die Mariahilfkirche wird oft nur als Orientierungspunkt wahrgenommen oder benutzt, um Ortsunkundigen den Weg zu beschreiben: "Bei der Kirche mit dem schrägen Turm rechts abbiegen." Die Lage an der großen Kreuzung der Mainaustraße mit der Sonnenbühlstraße kann man durchaus symbolisch verstehen, ist es doch auch die Funktion einer Kirche, den Menschen gerade an den Kreuzungen eine Orientierung zu geben. Die städtebauliche Funktion der Kirche war es, die in den 60er-Jahren entstandenen Neubaugebiete von Petershausen und Allmannsdorf zu verbinden. Ganz geschlossen wurde die Lücke aber erst eine Generation später mit dem Bau der ökologischen Modellsiedlung Tannenhof. ...

Eine feste Burg der Wissenschaft (Universität), 27.7.2007
Gastwissenschaftler beneiden die Konstanzer Universität um die Aussicht, die ihnen vom Gießberg aus geboten wird: im Norden die Mainau, Meersburg und die Birnau, im Süden das Alpenpanorama. Von Vorträgen und Seminaren kann man dadurch schon abgelenkt werden. Die Qualität der Architektur zeigt sich erst auf den zweiten Blick - und wenn man sie mit anderen Universitäten der 60er und 70er Jahre vergleicht. (...) Die Grundidee hat sich bis heute gehalten: Die Fakultäten wurden um einen zentralen Bereich angeordnet, der nicht nur die gemeinsamen Einrichtungen wie Bibliothek und Mensa umfasst, sondern auch ein Bezugspunkt und Begegnungsfeld sein sollte. Für eine Universität im Süden Deutschlands gibt es dafür nicht nur einen Innenbereich (unter einem Dach aus farbig-transparenten Pyramiden) sondern auch einen Außenbereich mit Stufen und Hügeln für die Pausen, dem ein unbekannter Mitarbeiter dann den Spitznamen "Affenberg" gegeben haben soll. ...

Nicht Bauhaus, aber gut (Ruderverein Neptun), 9.8.2007
In Konstanz könne man im einzigen im Bauhaus-Stil gebauten Restaurant Deutschlands essen, hieß es vor ein paar Jahren, und damit war das Restaurant im Gebäude des Rudervereins am Seerhein gemeint. Nun ja. Im Bauhaus in Dessau gibt es eine Mensa und einen Klub - originaler geht es nicht. Am Bodensee ist der Hafenbahnhof mit dem Zeppelin-Museum das bedeutendste Bauhaus-Gebäude, und ein Restaurant gibt es auch. Das Haus des Rudervereins hat keine weißen Wände, wie sie für den Bauhaus-Stil prototypisch sind. Was ist also dran an dem Gerücht mit dem Bauhaus-Restaurant? Hermann Blomeier (1907-1982), der Architekt des 1955 fertiggestellten Baus, war in den Jahren 1930-33 am Bauhaus Dessau Meisterschüler von Mies van der Rohe und ist 1933 nach Konstanz gezogen. ...

Laubengänge für die Studenten (Studentenwohnheim Europahaus), 27.8.2007
Wer seine ganze Studienzeit in Wohngemeinschaften verbracht hat, kennt die Lebenswelt der Studentenwohnheim-Bewohner nur von gelegentlichen Besuchen. Dabei muss man eigentlich von verschiedenen Lebenswelten sprechen, denn wie bei kaum einem anderen Gebäudetyp hat sich in den letzten Jahrzehnten das Leben in den Wohnheimen mit der Architektur verändert – und die Architektur der Heime mit der Gesellschaft. Nachdem die Studenten früher entweder bei privaten Vermietern oder in den Häusern der Studentenverbindungen gewohnt hatten, sind die großen Studentenwohnheime eine Erscheinung der sozialen Öffnung der Hochschulen in den 50er Jahren. (...) Die Zeit nach 1968 brachte dann auch eine kleine Revolution in der Konzeption der Studentenwohnheime: Gruppenhäuser wie auf dem Sonnenbühl, kleine Wohneinheiten wie im Jan-Hus-Haus (Nov. 1982) – und von einer Trennung in Studenten- und Studentinnenwohnheime war schon lange keine Rede mehr. Am westlichen Ende der Wohnheim-Zeile in der Rheingutstraße steht seit 1993 das „Europa-Haus“, entworfen vom Konstanzer Büro Blomeier Müller Achatz, in dem Christoph Blomeier, der Sohn des Bauhaus-Schülers Hermann Blomeier, tätig war. ...

Neue Wohnbauten in der ehemaligen Cherisy-Kaserne, 5.1.2008
Vor 30 Jahren sind auf dem früheren Exerzierplatz der Fürstenberg-Kaserne noch französische Soldaten strammgestanden, vor 15 Jahren war es der Parkplatz des alternativen Wohnprojekts Chérisy – heute spielen Kinder auf den Freiflächen zwischen den Wohnblöcken, und kürzlich feierte die AWO das zehnjährige Bestehen des „Treffpunkt Chérisy“. Der ganze Komplex „Chérisy“ hat eine wechselvolle Geschichte, vom Bau der Kaserne durch den Reichsarbeitsdienst vor 70 Jahren (1936/37) und die Wehrmacht über die Nutzung durch die französische Befreiungs- und Beatzungsarmee (1945 bis 1978) bis zum alternativen „Biotop“ der 80er Jahre, über die viele Geschichten zu erzählen wären. Hier geht es um die neuere Wohnbebauung, und deren Bau wurde auch schon vor 10 Jahren abgeschlossen – Zeit für einen Rückblick auf den Wohnungsbau der 90er Jahre. ...

Ein Campanile in Konstanz, 5.3.2008
Wer auf der Max-Stromeyer-Straße von Westen her Richtung Stadtzentrum fährt, sieht von weitem den schlanken, weißen Turm. Wer sich dann – durch die verkehrsberuhigte Markgrafen-Straße – der Kirche nähert, erkennt, dass der 34 Meter hohe Turm wie ein italienischer Campanile vor ihr steht. Was in Italien häufig vorkommt, ist nördlich der Alpen auch heute noch selten. Aber in Konstanz wurde diese Anordnung bei zwei fast gleichzeitig gebauten Kirchen angewendet, denn auch bei der Kreuzkirche in Allmannsdorf (Hermann Blomeier) steht der Turm fast frei neben der Kirche. (...)Um zu verstehen, wie modern die Bruder-Klaus-Kirche zur Zeit ihrer Erbauung war, muss man sich vorstellen, wie Konstanz Mitte der 50er Jahre aussah: Zwischen Petershausen und Wollmatingen gab es noch weite Acker- und Riedflächen, dazwischen die Ziegelei und der alte Flugplatz, und die Gebhardskirche war die „modernste“ der Stadt. Durch den Wiederaufbau war das Baumaterial in Deutschland knapp, und die architektonische Moderne mit klaren Formen und großen Fenstern konnte sich nach dem Krieg auch hier wieder durchsetzen. ...

Anklänge an die Postmoderne: Landratsamt, 18.3.2008
Vor dem WOBAK-Gebäude am Benediktiner-Platz fragt eine Frau nach der Adresse Benediktiner-Platz 1. "Was suchen Sie denn genau?" - "Das Landratsamt." Das große Verwaltungsgebäude des Landkreises steht seit 25 Jahren unübersehbar schräg gegenüber, aber es wird in der Öffentlichkeit immer noch wenig wahrgenommen.
Die Landratsämter haben ein Imageproblem. Wenn sie in der Zeitung erscheinen, dann ist es oft im Zusammenhang mit Negativ-Schlagzeilen: Vogelgrippe, Gammelfleisch und so weiter. Dass die Landkreise auch für die Berufs- und Förderschulen, den Öffentlichen Nahverkehr und die Naturschutzgebiete zuständig sind, ist dagegen kaum bekannt. Und die Kraftfahrzeug-Zulassungsstelle wurde aus dem Landratsamt ins Industriegebiet ausgelagert, sodass inzwischen auch die Autofahrer nicht mehr zu den Besuchern des Landratsamts gehören.
Das Verwaltungsgebäude des Landkreises fällt am Benediktinerplatz mit seiner hellgrauen Fassade weniger auf als das neuere Dienstleistungsgebäude der WOBAK oder die früheren Klosterbauten. Die Fassade ist durch die nach oben kleiner werdenden Fensteröffnungen mit kleinteilig unterteilten Fenstern etwas unruhig, was durchaus charakteristisch für die Architektur der 80er Jahre ist. Anklänge an die Postmoderne zeigen auch die viertelkreisförmigen "Fenster" ganz oben, die rein dekorative Attrappen sind. (...)

Schmiederklinik Konstanz

Stationärer Ausflugsdampfer: Klinik Schmieder, 22.4.2008
Die Schmugglerbucht hat ihren Namen wohl aus dem 19. Jahrhundert, als es sich für die Fischer noch lohnte, mit Waren aus der Schweiz über den See zu rudern. In den 1970er und -80er Jahren, als der Uferweg noch nicht durchgehend angelegt war, galt sie als der beliebteste "wilde" Badeplatz. Inzwischen ist die Gegend zivilisiert, und seit 1992 sehen die Spaziergänger und Jogger hier die geschwungene Fassade der Rehabilitationsklinik der Kliniken Schmieder.
Wer den über 100 Meter langen, fünfstöckigen Bau an dieser Stelle als zu massiv empfindet, kann in dem Buch "Pause am See. Vom Rebgut zur Reha-Klinik in Konstanz" (Verlag Stadler, 1993) sehen, was Konstanz an dieser Stelle erspart geblieben ist: eine Hochhausanlage, fast so hoch wie die Klinik breit ist. Für die früher landwirtschaftlich, zuletzt durch eine Gärtnerei genutzte Fläche zwischen dem Seeufer und dem Lorettowald gab es in den Jahren 1970 bis 1976 mehrere Projekte bis hin zu einer "Stadt unter einem Dach" mit einem Yachthafen und Hunderten von Ferienappartements. Ein 1981 beschlossener Bebauungsplan und der Verkauf des Geländes an die Kliniken Schmieder 1986 verhinderten die Großprojekte. (...)

Hertie / Karstadt
Wenn man Konstanzer nach den „größten Bausünden“ fragt, wurden in den letzten 30 Jahren meistens „Hertie und Woolworth“ genannt. Es gibt vielleicht schlimmere, aber die sind von Fläche und Volumen her nicht so groß. Die Frage „Warum ist das Gebäude zu dieser Zeit an diesem Ort in dieser Form gebaut worden?“ muss man eigentlich immer stellen, beim Bau des Hertie-Kaufhauses aber besonders. Für den zeitgeschichtlichen Hintergrund stellen wir uns Konstanz Anfang der 60er Jahre vor: Die ganze Stadtverwaltung befindet sich noch in Häusern der Altstadt, und Fußgängerzonen sind noch nicht bekannt – die Hussenstraße ist noch eine Durchgangsstraße des Autoverkehrs. Die größten Geschäftshäuser sind die Gebäude der bekannten Damen- und Herrenbekleidungshäuser – Warenhäuser mit Rolltreppen kennen die Konstanzer nur von Besuchen in fernen Großstädten. Dort bauen Hertie, Kaufhof und Karstadt ihre neuen Projekte auf Trümmergrundstücken, was Konstanz natürlich nicht zu bieten hat.
Es war eine Idee der Stadtverwaltung, durch die Ansiedlung eines großen Kaufhauses den Anschluss an die große Welt und die Moderne zu suchen. (...)

Landgericht – Unauffällig, aber sehenswert
Der Anbau des Landgerichts kommt eher bescheiden daher.
Wer vom Münster in die westliche Niederburg geht, kommt in der Gerichtsgasse an dem Gebäude vorbei, nach dem die Straße benannt ist, dem Landgericht mit seiner repräsentativen Barockfassade - und hat schon den Anbau aus den 60er Jahren übersehen.
So ging es auch mir, ich habe ihn jahrelang nicht wahrgenommen. So ist der Bau das Gegenteil mancher Architektur-Werke unserer Zeit, die wohl schon mit der Absicht entworfen werden, durch eine auffällige Form in möglichst viele Medien zu kommen. Aber auch das Landgerichtsgebäude von 1964, das mit seiner zurückhaltenden Architektur im Stil der späten 50er Jahre so wenig im Stadtbild auffällt, ist durchaus Architekturführer-würdig. Von außen zeigt sich sehr deutlich die Konstruktion des Gebäudes mit den vor der Fassade stehenden Stahlbetonpfeilern, die fast die ganze Last tragen. (...)

Haidelmoos-Siedlung – Wie die Eintönigkeit zur Vielfalt wurde
Die ersten elf Folgen dieser Serie haben öffentliche und mehr oder weniger markante, repräsentative Bauten beschrieben. Entworfen wurden sie von bekannten einheimischen oder auch auswärtigen Architekten, und einzelne von ihnen wurden schon in Fachzeitschriften oder gar Architekturführern präsentiert. Auf die Einfamilienhaussiedlung im Haidelmoos trifft das alles nicht zu, und wer nicht schon besuchsweise dort war, würde sie nicht kennen - wenn sie nicht ein Thema kommunalpolitischer Diskussionen über die (Nach-)Verdichtung wäre. Bei ihr zeigt sich aber auch noch mehr als bei öffentlichen Bauten, wie eine solche Siedlung durch individuelle Modernisierungen ihr Gesicht verändert.
Auf alten Fotos aus der Bauzeit sehen die Häuser des Sonnentauwegs und des Enzianwegs erschreckend monoton aus: alle gleich, "in Reih und Glied" - wie es auch die Gebäude der Cherisy-Kaserne früher waren, nur kleiner. Einfache kleine Häuser, mit Satteldach, umgeben von einem großen Gemüsegarten. Die Siedler der 30er Jahre würden ihre Häuser allerdings heute kaum mehr wiedererkennen. Durch An-, Um- und Neubauten ist aus der Eintönigkeit der Siedlung eine Vielfalt geworden, mit Formen nach dem Stilempfinden und Geschmack der Bewohner. (...)